Familiengeschichte Gudelius/Gutelius

Teil 3

Wendelinus Gudelius hatte eine besondere Vorliebe für Verzeichnisse, Aufzeichnungen und Listen. So fertigte er 1620 “Ein kurz  Inventarium der fahrenden hab so semptliche kinder bekommen“ an, das ebenfalls reichen Aufschluss gibt über den Hausrat des Pfarrhauses. Dabei ist eine Truhe erwähnt, “so ich vom Rein mitgebracht“, also vermutlich aus seiner Heimat Schweppenhausen.1

Am Samstag, den 10. September 1622 verstirbt Wendelinus Gudelius auf dem Weg von Ballersbach zum Markt in Herborn.

In den Erbschaftsangelegenheiten, die zwischen den Kindern und der Stiefmutter zu regeln waren, werden u.a. eine schwarze Kuh, ein schwarzes Rind, zehn Schweine und vierzehn Schafe aufgezählt, die ebenfalls die starke bäuerliche Bindung eines Pfarrers der damaligen Zeit unterstreichen2.

Seine zweite Frau Elsbeth wird in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges am 23. April 1639 auf dem Hüttenplatz in Dillenburg von Mansfeldschen Reitern erschossen3.

Der Sohn Matthias ("Verzeichnis aller Bürger und Inwohner der Statt Hayger wie sich solche an itzo befinden." Stadtschreiber Henrich Rehe, 25. Januar 1628)[1] lebte von 1619 bis 1632 als Kaplan in Haiger; sowie als Pfarrer in Frohnhausen (1636-1640),  Fleisbach (1640-1646) und Oberfischbach, wo er 1652 starb. Dessen Söhne Henrich und Dietrich sind Stammväter des Siegerländer bzw. des Haigerer Stammes der Gudelius, die sich bis heute in der männlichen Linie erhalten haben.

Des Wendelinus  zweiter Sohn Johann Henrich ist Stammvater des Herborner Stammes, der im Mannesstamm nicht mehr existiert, aber noch zahlreiche lebende Nachfahren mit anderen Namen hat.

Sohn Georg (Georgius), geboren um 1598 in Breitscheidt lebte mit seiner Frau Eva Wetz, drei Söhnen und einer Tochter in Ballersbach. Im Jahr 1635 wütete dort die Pest. Sie raffte im Zeitraum 3. bis 14. August, also innerhalb von elf Tagen bis auf Georg und den ältesten Sohn Johannes nahezu die ganze Familie hin.[2] Georg heiratete 1642 seine zweite Frau Gertraud N.N., mit der er noch zwei Töchter Eva und Catharin hatte. Tochter Eva heirate 1663 Friedrich Cuntz aus Ballersbach. Nachfahren dieser Verbindung machen heute in Ballersbach „die halbe Bevölkerung des Ortes aus“ (nicht ganz ernst gemeinte Aussage von Wolfgang Holler, Berlin, der sich ebenfalls zu diesen Nachfahren zählt).

Des Wendelinus Tochter Dorothea heiratete in Frohnhausen den Lehrer Hans Wilhelm Schmidt und hatte mit diesem zehn Kinder.

Über die Töchter Anna Elsbeth und Anna Catharina wurden bisher keine Einzelheiten gefunden.

 

Im 17. Jahrhundert lebte in Herborn neben den Gudelius auch eine Apotheker-Familie Gaudelius, deren Ursprünge aber aus Niederwildungen im Waldeckschen kommen und ggf. sogar im polnischen Adel liegen. Die Moiselsche Vermutung einer Verbindung zu den Gudelius ist eher unwahrscheinlich und auf Grund der Quellenlage auszuschließen.[1]

Eine Lehrer-, Pfarrer- und Medizinerfamilie Judelius lebte vom 16. bis zum  18. Jahrhundert in Erfurt und Umgebung. Die erste Immatrikulation der beiden Brüder Samuel und David Judelius, Söhne eines Schuhmachers aus Erfurt, erfolgte an der dortigen Universität im Jahr 1586, also im gleichen Jahr wie die Immatrikulation von Wendelinus Gudelius in Heidelberg. Ob hier eine Verbindung besteht, muß noch ebenso untersucht werden wie die Erwähnung eines Erfurter Johannes Gudelius im dortigen Matrikel im Jahre 1609. 

In „Großes vollständiges Universallexikon aller Wissenschaften und Künste“ von Johann Heinrich Zedler, Halle und Leipzig 1732, Seite 1212  ist ein Petrus Gudelinus, Niederländischer Rechtsgelehrter erwähnt, der am 8. August 1550 zu Ath im Hennegau geboren wurde, 37 Jahre in Löven Recht lehrte und dort am 18. October 1619 starb. Er hinterließ die beiden Söhne Philippus und Petrus Paulus. Auch hier ist eine Verbindung zu den Schweppenhäuser Gudel nicht bekannt und auch eher unwahrscheinlich.  

Die Gudelius, bis auf die GUDELIUS 2 - Sauerländer Stamm - meist evangelisch, lebten vornehmlich in den Fürstentümern Nassau-Siegen und Nassau-Dillenburg,  zwischen Oberholzklau und Herborn, also im Siegerland und im Dillkreis, wo auch noch heute die meisten Gudelius vorkommen. (Karte)

Im 18. Jahrhundert wanderten mit Tilmann (siehe hier) und Johann Peter Gudelius mindestens zwei Gudelius nach Virginia und Pennsylvania aus. Seit 31.03.1999 habe ich Kontakt zum neu entdeckten und umfangreichen Amerikanischen Ast Gutelius, der offensichtlich von Johann Peter Gudelius aus Niederholzklau abstammt, der am 31.August 1750 in Philadelphia einwanderte (siehe hier). Die Ergebnisse einer halbjährigen Diskussion über die Frage der französischen oder deutschen Abstammung der amerikanischen Gutelius enthält: argument. Die Hobby-Genealogen der Amerikanischen Gutelius haben die deutsche Abstammung anerkannt. Die Gudelius/Gutelius Familie hat sich somit um ca. 150 Personen vergrößert.

Nevin Pyle Gutelius, Urenkel des Johann Peter Gutelius, ging um 1900 nach Lima in Peru. Mehrere Familien Gutelius leben noch dort. Mit Francisco Gutelius in Huancayo/Junin ist ein erster Kontakt zu den Peruanischen Gutelius hergestellt. Nachfahren dieser peruanischen Gutelius sind wieder in die USA (Cesar Humberdo Gutelius), nach Europa (Suarez Gutelius in Madrid und sein Bruder Edgardo Suarez Gutelius in Stockholm[3]) und nach Japan (Guillermo, Gladys, Marisol, Jonny, und Edith Gutelius Reyes)[4] ausgewandert.

 

Im Herbst 1999 entdeckte ich in Schweden eine vierköpfige Familie Gutelius. Sven-Erik und Karin Gustafson, Lehrerehepaar aus Skövde, heirateten 1964. Bei diesem Anlass wechselten sie ihren in Schweden sehr häufigen Nachnamen und wählten aus den fünf Vorschlägen der schwedischen Verwaltung den Namen Gutelius aus. So entsteht in Schweden eine ganz neuer Stamm Gutelius ohne irgendeine genealogische Verbindung zu den Gudelius oder Gutelius6.

Ende 2002 übermittelte mir Joan Lowrey aus Kalifornien einen Auszug aus dem Census San Francisco county von 1930, der mit Conrad Gudelius einen weiteren Schwedischen Namensträger Gudelius aufzeigt, dessen Mutter wohl aus Schweden kam. Sie könnte von den ostpreußischen Gudelius abstammen und über die Ostsee nach Schweden gekommen sein [5].

 

Im Dezember 1999 stieß ich auf einen Sven Gudelius im schwedischen IGI, der am 12. August 1698 in Harplinge, Halland, Schweden Rachel Hall heiratete. Sofortige Nachfragen bei der Hallands Genealogiska Förening und beim Landesarchiv in Lund ergaben, daß es sich hier um Sven Gadelius handelt, geboren am 15. Februar 1669 in Torestorp und Pfarrer in Säve nahe Göteborg7 .

1920 wanderte Elfriede Gudelius, * 1908 in Salchendorf bei Neunkirchen, mit ihrer Mutter nach USA aus und lebte in Tacoma, ganz im Nordwesten, im Staat Washington; sie ist dort 1995 kinderlos gestorben8.

Eine starke Gudelius-Linie entwickelte sich in Ostpreußen (in der „Kartei Ehmer“ unter Cutelius, Gudelius und Guttelius erwähnt) als Nachfahren des Conrad Gudelius (Bruder des oben erwähnten Johann Peter Gudelius), der 1723 von Niederholzklau in den Bereich des Landgericht Insterburg (mit den 6 Amtsgerichten: Darkehmen, Goldap, Gumbinnen, Insterburg, Pillkallen, Stallupoenen) auswanderte. Mit Ende des II. Weltkrieges und durch die Flucht von Goldap/Ostpreußen in den Westen wurden diese Gudelius in den Raum um Hamburg, nach Sachsen und eine Familie über Bayern schließlich nach Südhessen vertrieben.

Hart ostwärts der ostpreußischen Grenze zu Litauen im Distrikt Vilkaviskis - 50 km ostwärts Gumbinnen (heute Gusev) - gibt es mehrere Ortschaften mit dem Namen Gudeliai. Der Akkusativ (4. Fall) dieses Ortsnamen lautet Gudelius. Nach Auskunft des Litauischen Kultusministeriums gibt es zwei Möglichkeiten für den Ursprung dieser Ortsbezeichnung.

1.     Gudeliai ist die Mehrzahl von Gudelis, das wiederum eine Verkleinerungsform von Gudas darstellt. Litauisch Gudas kommt aus dem weißrussischen; Gudia war vor dem Weltkrieg die Bezeichnung für Weißrußland.

2.     Es ist nicht auszuschließen, daß die Ortsbezeichnung Gudeliai von den ehemaligen Bewohnern, den Gudelius abgeleitet wurde. Diese Gebiet westlich des Njemen wurde 1795 bis 1815 Preußen zugesprochen. Es ist durchaus möglich, daß damals einzelne Mitglieder der sich stark entwickelnden Gudelius-Familie aus dem Raum Gumbinnen 20 bis 50 km nach Osten zogen9.

Johann Philipp Gudelius, am 16. September 1770 in Alchen geboren, wanderte 1798 nach Nieuwerkkerk/Ijssel in Holland  [xxii] aus, wo er heiratete und sieben Kinder hatte, die noch weiter erforscht werden müssen.

Heute leben ca. 100 Familien mit insgesamt ca. 350 Personen mit dem Namen Gudelius oder Gutelius; die ca. 60 verheirateten Töchter Gudelius/Gutelius mit nun anderen Namen sind noch hinzuzufügen.

Sie gliedern sich in die Stammfolgen „GUDELIUS 1 bis 2“. „GUDELIUS 1“ leitet sich unmittelbar von den ersten Gudel und Gudelius ab und umfaßt den Siegerländer, Haigerer und Herborner Stamm; der Amerikanische Ast ist Teil des Siegerländer Stammes.

 „GUDELIUS 2“ ist eine genealogisch neue Ahnenreihe, die mit Hermann Gudelius, geb. 1852, beginnt, und von mir als „Sauerländer Stamm“ bezeichnet sich an Lenne, Ruhr, Rhein und Neckar niedergelassen hat.

Bisher bildete den zahlenmäßig stärksten “Clan“ mit fast 50 Gudelius die Stammfolge „GUDELIUS 2, der Sauerländer Stamm.

Nach dem "Anschluss" des Amerikanischen Astes mit circa 200 Gutelius sind unsere Vettern und Cousinen von jenseits des Atlantik die genealogisch stärkste geschlossene Gruppe unserer Stammesfolgen.

Im Südosten Europas, in Athen lebt die dort verheiratete Dorothea Mavromara-Gudelius mit ihrer Tochter Anna Gudelius-Mavromara.

Weitere Gudelius-Nachfahren mit anderen Namen leben in Australien (Gudelius Trupbach > Williams), in Neuseeland (Gudelius Wuppertal > Curkovic) und in den USA (Gudelius Essen, davor Ostpreussen > Yost).

Unter den Familien mit Gudelius-Vorfahren ist die Familie Henkel (Persil), die Anna Elisabeth Gudelius, get. 1.9.1658 in Herborn und Urenkelin des Wendelinus Gudelius, ebenso in ihrer Ahnenreihe hat wie die Industrieellen-Familie Cloos aus Fleisbach bei Sinn.10 Der Siegerländer Familienforscher Gerhard Moisel hat in seiner Familie gleich dreifachen Gudelius-Ursprung, was zur Vervollständigung der vorliegenden Daten ganz wesentlich beigetragen hat. 

In der Literatur wurde unser Name in dem Büchlein „Haus Gudelius“ von Bertha Schmidt-Eller zur Darstellung einer gutbürgerlichen Familie im Leipzig (vermutet) um die Jahrhundertwende genutzt 11.

Überregionale Bekanntheit erlangten im deutschen Raum Professor Dr. Georg Gudelius (1905-1997) als Herausgeber (z.B. „Lob der Sprache“, 1937 bei Langen-Müller in München) und  Autor zahlreicher Artikel in familienkundlichen und theologischen Zeitschriften, Oberst Alfred Gudelius (1906-1944) als Ritterkreuzträger im WK II,  Heinz Gudelius (1914-1974) als Conférencier in den 50-er Jahren sowie Bärbel Gudelius (XV n 1.) und Dr. Claudia Gudelius (XVII h oo) als Schriftstellerinnen. Seit der Bundestagswahl 2002 ist Hauptschullehrerin Hildegard Mattheis (Gudelius 2, Sauerländer Stamm, III e 2.) aus Ulm-Söflingen, 1954 in Finnentrop geb. Gudelius, Bundestagsabgeordnete der SPD für ihren heimischen Ulm/Alb-Donau-Wahlkreis. Seit 2005 Beisitzerin im SPD-Parteivorstand und Mitglied des Fraktionsvorstandes der SPD.

Zu den überragenden Persönlichkeiten der Amerikanischen Gutelius gehören, Samuel Gutelius (1795-1866, ein berühmter Pfarrer der Reformierten Kirche, Joseph Gutelius (1842-1863), gefallen mit der Regimentsfahne in Händen in der Schlacht bei Gettysburg im Bürgerkrieg, Frederick P. Gutelius, (1864-1935) Chefingenieur der Canadian Pacific Railroad und später in Führender Stellung in der Verwaltung der Kanadischen Eisenbahnen. Es gibt weitere berühmte Gutelius, die aber  noch zusammengestellt werden müssen.

Letztendlich sind die Gudelius ebenso verstreut in ganz Deutschland zwischen Pinneberg im Norden und Jachenau in Oberbayern sowie zwischen Bonn am Rhein und Frankenberg in Sachsen wie die Gutelius in Amerika über fast alle Staaten der USA, in Kanada, in Peru sowie in Japan und nun auch wieder zurück in Europa in Spanien und Schweden.

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2 Stadtarchiv Herborn.

3 Ebd.

4 Becker, Schloß und Stadt Dillenburg, 1983.

[1] Haigerer Einwohnerverzeichnis von 1628 "Verzeichnis aller Bürger und Inwohner der Statt Hayger wie sich solche an itzo befinden." Stadtschreiber Henrich Rehe, 25. Januar 1628,  

 http://www.hickengrund.de/genealogie/verz_2.htm

[2] Helmut Groos, Mittenaar ein Heimatbuch, S. 217 ff. Die Pest im Aartal 1635        

[3]Walter Weyel, Dreihundert Jahre Amtsapotheke, Zehn Apothekergenerationen, Mitteil-Blatt des Herborner Geschichtsvereins, Nr.4, Oktober 1987.

[3] Brief von Luis Suarez Gutelius, Madrid, vom 1. Januar 2000.

[4] E-mail vom 02.03.2003 von Gladys Ruth Gutelius Reyes aus Japan; rantonio@ata.attmil.ne.jp

6 Telefongespräch mit Karin Gutelius, Skövde, Schweden am 13.11.1999.

 

[5] 1930 census, San Francisco, San Francisco County, California;

Assembly District 32, Enumeration District 38-370, Sheet 15A, page 176.

Eddystone Apartments, 511 Eddy Street. Gudelius, Conrad R., head, rents, at

$30 per month, age 60, divorced, born in Sweden, father born in Italy,

mother born in Sweden, native language: Swedish, immigrated in 1893,

naturalized, occupation: Pool & billiards parlo

7 Email vom 22.12.1999 von Evelyn Hardenmark, chancery officer of Hallands Genealogiska Förening und Brief vom 22.12. 1999 vom Landsarkivet I Lund.

8 Todesanzeige in "The News Tribune" Tacoma, WA, Region Pacific Rim vom 12.03.1995, Seite B 4.

9 Briefwechsel mit dem Litauischen Kultusministerium vom 10. Und 11. November 1999.

10Hermann J. Sartor, Sinn.

11Verlag der Francke-Buchhandlung GmbH, Marburg an der Lahn, ISBN 3-88224-278-2