Familiengeschichte Gudelius/Gutelius

Teil 2

Ein gutes halbes Jahr später, am 7. July anno (15)87, wird Wendelinus Gudelius auf seine Bitte hin von Graf Emich XI. dem Jüngeren zu Leiningen und Dagsburg dem Prorektor und Dekan der 4. Fakultät der Universität Heidelberg für ein Stipendium aus der Stiftung Dioniß der Großeltern des Grafen vorgeschlagen[1].

Im Antwortschreiben vom 04.08.1587 (gleiche Quelle) behält sich der Dekan das gem. Satzung der Stiftung ihm zustehende Recht der Auswahl und Bestallung der Stipendiaten vor und schlägt die Präsentation des Wendelinus Gudelius ab, obwohl er diesem ansonsten freundlich gewogen ist und er dessen “wolfarth und befurderung in ander weg gern sehen möchte(n)“2.

Dies mag der Grund für den Wechsel des Studienortes des Wendelinus Gudelius gewesen sein. 1588 wird er an der Hohen Schule in Herborn als “Wendelinus Gudelius Schwettenhusanus“ immatrikuliert3. Die Schreibweise von Schweppenhausen mit “tt“ ist sicherlich ein Schreibfehler. siehe:

In Herborn hat er offensichtlich sehr schnell Anschluß gefunden und bereits um 1588 die Bürger- und Bäckerstochter Margarete Will geheiratet. Im selben Jahr schloß er sein Theologiestudium ab.

Die “erste“ Familie Gudelius hatte sechs Kinder: Matthias, geb. um 1590/92, Johann Henrich, geb. als zweiter Sohn ebenfalls in diesem Zeitraum, Georgius und die Töchter Anna Elsbeth, Anna Catharina und Dorothea.

Wendelinus Gudelius war nach Abschluß seines Studiums in Herborn zweiter Kaplan4; er versah in der Umgebung von Herborn die Orte Hörbach, Hirschberg, Fleisbach, Guntersdorf und Beilstein wöchentlich mit einer Predigt und Katechisation (Unterrichtung).

Wegen zu geringem Verdienst in Herborn („propter donorum paucitatem“) ist er 1594 als Pfarrer nach Breitscheid gegangen.

Dort fertigte Wendelinus Gudelius 1603 eine ausführliche Aufstellung über die Rechte und Einkünfte der Pfarrei Breitscheid, die uns heute guten Einblick gibt in die von der Landwirtschaft geprägte Lebensweise und die Einkommensverhältnisse einer Pfarrersfamilie jener Zeit. Die Bareinnahmen betrugen höchstens 40 Gulden im Jahr. An Naturalien wurden jährlich rund 50 Zentner Brot- und Futtergetreide sowie 3 Hähne, 2 Hühner, ½ Gans und das Brennholz ins Pfarrhaus geliefert. Da die Pfarrersfamilie von diesen Bar- und Naturaleinnahmen allein nicht leben konnte, mußte sie wie die anderen Dorfbewohner auch Landwirtschaft betreiben. Die Pfarrei verfügte über “34 Äcker, 7 Wiesen und 4 Gärten“. Das war mehr Grund und Boden als bei den Bauern von Breitscheid und wahrscheinlich mehr, als die Pfarrersfamilie wirklich bearbeiten konnte5.

Wenn Wendelinus Gudelius in seiner Breitscheider Amtszeit trotzdem gezwungen war, bei der Pfarrei ein Darlehen aufzunehmen, dann ist dies nur durch die besonderen Ausgaben zu erklären, die der Pfarrfamilie durch die Ausbildung der Kinder erwuchsen. Matthias und Johann Henrich sind 1602 und 1609 im Matrikel der Hohen Schule von Herborn genannt. Das Darlehen betrug 22 Gulden und war für die damalige Zeit nicht außergewöhnlich. Bemerkenswert ist allerdings, daß die Darlehensschuld 120 Jahre später noch nicht getilgt war. 

1595 begann Wendelinus Gudelius in Breitscheid ein “Kirchenbuch darinnen die Eheleuth undt jungen Kinder so zu Breidtschiedt in der Kirchen getauft geworden, verzeichnet sein“. Das Titelblatt enthält neben der Überschrift den persönlichen Schriftzug von “Wendelinum Gudelium Pastorem“, siehe:

1605 verließ Wendelinus Gudelius Breitscheid und übernahm am 24. November die Pfarrei in Ballersbach, die er bis zu seinem Tod innehatte. Das in Breitscheid begonnene Kirchenbuch nahm er mit nach Ballersbach und führte es weiter; es liegt heute noch dort im Pfarrarchiv.

Um 1619 starb seine Frau Margarete. In zweiter Ehe heiratete er um 1620, nun schon über 50 Jahre alt, Elsbeth Scheffer.

Zu Teil 3



[1] Universitätsarchiv Heidelberg, UAH A-160/13, fol 200 r+v.

2 Transkription Hermann J. Sartor.

3 Zedler/Sommer, Die Matrikel der Hohen Schule und des Päd­agogiums zu Herborn, S. 9.

4 Steubing, Topographie der Stadt Herborn.

5 Ernst Henn, Unser täglich Brot gib uns heute, Mitteil-Blatt des Herborner Geschichtsverein 1964.